Geschafft!

115 Studierende der KME – das sind alle dieses Jahrgangs – haben diesen Sommer die Matura erlangt. In ihrer Maturrede erklärte die Kunsthistorikerin und KME-Absolventin Caroline Morand, was das mit Robert Walser und drei Betonskulpturen in Uster zu tun hat.

Im Aussenbereich der Mensa des Bildungszentrums Uster stehen drei grosse Skulpturen aus je grauem, lachsfarbigen und kupfergrünem Beton der Künstlerinnen Claudia und Julia Müller von 2019. Jede von ihnen trägt den Namen einer Figur aus dem Debütroman «Geschwister Tanner» von Robert Walser, erklärt die Leiterin der Kunstsammlung des Kantons Zürich Caroline Morand in ihrer Maturrede in der Kirche Neumünster. Der Roman, auf den sich die Kunstwerke beziehen, handelt vom Erwachsenwerden und der Selbstfindung junger Menschen in der Gesellschaft.

Walser selber haderte damit: Trotz ersten Achtungserfolgen gelang es ihm nicht, sich als Schriftsteller durchzusetzen. Nach einer psychischen Krise und Aufenthalten in Heilanstalten stellte er das Schreiben ein und geriet zeitweise in Vergessenheit. Heute gilt er als einer der wichtigsten deutschsprachigen Autoren des 20. Jahrhunderts.

Sie frage sich, ob die Suche nach dem Platz in der Gesellschaft nicht eine Lebensaufgabe jedes Menschen sei, sagt Morand mit Blick auf ihren eigenen Werdegang, den sie entlang von «Geschafft-Momenten» skizziert. Ein erster Anlauf im Gymnasium scheiterte. Nach einigen «Protest-Entscheidungsversuchen» wie «ich werde jetzt Velomechanikerin» folgte die Diplommittelschule (heute FMS) mit dem Ziel, ein Studium in sozialer Arbeit in Angriff zu nehmen. Eine Lehrerin begeisterte sie aber so sehr für Kunstgeschichte, dass sie nochmals fast von vorne begann und die KME absolvierte. Sie holte das Latinum nach und immatrikulierte siZch 24-jährig an der Universität Zürich. Überzeugt, ihren Platz gefunden zu haben, wurde die lizenzierte Kunsthistorikerin nach dem Studium mit einem «gnadenlosen Arbeitsmarkt» konfrontiert. Nach einer Praktikumsphase, RAV-Beratungen und mehreren Jobwechseln erhielt sie ihre erste Festanstellung als Kulturbeauftragte in Chur. Vor etwas mehr als zwei Jahren übernahm Morand schliesslich die Leitung der Kunstsammlung des Kantons Zürich. «Geschafft!»

«Auch Sie haben möglicherweise einen zähen Weg hinter sich», sagt Morand an die Adresse der Maturandinnen und Maturanden. «Den einen werden Erfolg und Zugehörigkeit in die Wiege gelegt, andere hadern mit ihren Zukunftsaussichten. Es stehen Ihnen nun alle Möglichkeiten offen. Lassen Sie sich Zeit, aber bleiben Sie hartnäckig. Pflegen Sie Ihr Umfeld. Folgen Sie Ihrer Leidenschaft und Ihren Träumen. Seien Sie mutig und vertrauen Sie auf sich selbst.»

Zur vollständigen Maturrede von Caroline Morand geht es hier.