KME-Theater 2023
Wenn die anonymen Fröhlichen ins Publikum schimpfen
Im neuen Stück des Theater-Freifaches dreht sich alles um die Farbe Grau. Sieben Studierende loten an diesem Theaterabend sämtliche Schattierungen einer Farbe aus, die sowohl für Tristesse als auch für Eleganz und Vornehmheit stehen kann. Dass es dabei auch Einiges zu lachen gibt, wird beispielsweise in Szenen deutlich, in denen sich Teilnehmende einer Selbsthilfegruppe als anonyme Fröhliche outen. So wird verschämt von Momenten erzählt, in denen die Lebensfreude den grauen Alltag unkontrollierbar durchbricht, was in einer lautstarken Aktion endet, bei der kräftig ins Publikum geschimpft wird. Oder wenn das pralle Leben in Form einer bunten Peperoni-Wolke das Bühnenbild dominiert oder phantasievolle farbige Kreidezeichnungen nach Art des Sisyphus unermüdlich erneuert werden.
Auch ansonsten ist die visuelle Gestaltung alles andere als trist. Neben den grauen Outfits der Schauspieler:innen und dem schlichten Bühnenbild stellen gelb-grüne Abwaschschwämme einen optischen Kontrapunkt dar. Als Lego-Bausteine benutzt verleihen sie einem selbstvergessenen Kreativitätsdrang Ausdruck oder bringen als Wegwisch-Vehikel trübe Emotionen zum Verschwinden. In diesen Momenten schwingt die Stimmung zu einer fast kindlichen Heiterkeit hoch (und die Zeilen aus David Bowies Song «There’s a happy land where only children live …», abgedruckt im Programm-Sheet, bekommen einen schlüssigen Sinn).
Sein zweites Stück hat Joel Franz, Regie und Dramaturgie, im Freifach mit den KME-Studierenden gemeinsam entwickelt. Der Aufführung im Gesamten und der Intensität des Schauspiels im Speziellen ist anzumerken, dass es hier nicht um die Aneignung eines literarischem Fremdtext geht, sondern um ein verbreitetes Lebensgefühl, das philosophische Fragen aufwirft und bewegt.